Feldpostbriefe: Brief einer Mutter an Adolf Hitler nach dem deutschen Einmarsch in das Sudetenland im September 1938 (Veröffentlicht am 20.09.2022)
Feldpostbriefe und ihre Bedeutung für die heutige Zeit
Bei den Recherchen nach Julius Erasmus kommt man zwangsläufig mit Feldpostbriefen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs in Berührung. Seien es Mitteilungen über den Tod eines Soldaten, geschrieben von dessen Vorgesetztem an seine Angehörigen, die später Herrn Erasmus als Anhaltspunkt für eine Grabsuche übermittelt wurden oder andere Schriftwechsel zwischen im Krieg befindlichen Soldaten und ihren Familien zu Hause. Ich befasse mich seither auch näher mit Feldpostbriefen aus der damaligen Zeit.
Feldpostbriefe sind wertvolle Zeitdokumente, die gerade in Zeiten wie den gegenwärtigen ihre zeitlose Botschaft entfalten und einen anschaulichen Eindruck darüber vermitteln, was Krieg für alle Beteiligten bedeutet. Sie sind ein wertvolles Werkzeug, um schon den Anfängen eines erneuten Strebens nach Krieg zu wehren und vielleicht dazu beizutragen, dass sich Geschichte nicht einmal mehr und mit abermals grausigen Folgen für die Menschheit wiederholt. Derzeit wird wieder einmal mit aller Macht für den Krieg, Waffen und das Töten von Menschen in großem Maßstab getrommelt, obschon man jahrzehntelang die vage Hoffnung haben konnte, dass die Menschheit aus den schmerzhaften Erfahrungen insbesondere zweier Weltkriege ihre Lektion endlich einigermaßen gelernt hat. Es scheint leider abermals nicht der Fall zu sein.
Vor diesem Hintergrund sollen hier in der Rubrik „Feldpostbriefe“ von Zeit zu Zeit entsprechende Briefe oder Briefauszüge aus unterschiedlichen Quellen veröffentlicht werden, um mit Nachdruck daran zu erinnern, was Krieg für die Menschen und die Menschheit bedeutet. Um einen Denkanstoß zu liefern und in der unerschütterlichen Hoffnung, dass dies einen Unterschied machen möge.
Brief einer Mutter an Adolf Hitler vom 28. September 1938 nach dem deutschen Einmarsch in das Sudetenland
(Quelle: Lilli Vetter, Briefe aus jener Zeit, S. 87 f.):
„An Adolf Hitler
Sie müssen es wissen, dass Tausende von Müttern in diesen Tagen um den Frieden beten — die Mütter, deren Männer im Weltkrieg fielen, deren Söhne die Väter nicht kennen, weil fremde Erde diese schon deckte, als der Sohn zur Welt kam.
Diese Söhne sind nun erwachsen. Noch einmal blühen in den Müttern die Hoffnungen auf, die der frühe Tod der Männer schon einmal im Keim erstickte.
Sie, Führer, leben unter Männern, und in den Tagen der Entscheidung werden Sie auf die Worte dieser Männer hören und kaum den Rat von Frauen einholen.
Aber bevor Sie das Zeichen geben, das die Kriegsfurie aufs Neue entfesselt, hören Sie das Wort einer Mutter, die Ihnen zuruft: Gehen Sie in die Säle, wo die kreißenden Frauen mit dem neuen Leben ringen, hören Sie die Angstschreie der Gebärenden, erleben Sie die Hölle mit, die jede Frau durchlebt, ehe sich das neue Leben aus ihr losreißt und sie — in alle Abgründe des Schmerzes gestürzt, auf alle Gipfel der Verzweiflung geworfen — nichts als hilflose Kreatur ist, mit der nackten Todesangst im Gesicht, bis endlich sich das neue Leben löst und die gepeinigte Kreatur zur lächelnden Madonna wird, auch das unscheinbarste, armseligste Wesen verklärt und geheiligt durch das Mutterglück, durch das Neugeborene, das sie nun im Arm hält und um das sich alle ihre Träume, alle ihre Wünsche, alle ihre Hoffnungen ranken. —
Frauen sind nicht feige. Jede Frau, die sich das zweite, dritte Mal und öfter in die Schrecken der Geburt begibt, ist so tapfer wie der tapfere Soldat, der sein Leben wagt. Freilich, Frauen sind Soldaten des Lebens, nicht des Todes. Für das Leben kämpfen sie, für das Leben leiden sie; denn sie empfangen das Leben, sie tragen das Leben und sie hüten das Leben. Soldaten des Todes sind die Männer. Klaglos gingen unsere Männer in den Tod. Klaglos werden unsere Söhne dasselbe tun, wenn es von ihnen verlangt wird.
Aber ehe Sie den Befehl geben, der diese Söhne den Vätern nachschickt, blicken Sie nach Osten, und blicken Sie nach Westen, blicken Sie auf die hunderttausend verstreuten Kreuze. Richten Sie zuerst Ihre Blicke auf die Mütter und dann auf die Kreuze. —
E R H A L T E N S I E U N S D E N F R I E D E N !”
(Titelfoto: Soldatenfriedhof Hürtgen, August 2022)
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