Gedanken zum Krieg: Gedicht „Jahrgang 1926“ des im Alter von 19 Jahren gefallenen deutschen Soldaten Andreas Bergmann (Veröffentlicht am 24.10.2024)
„Jahrgang 1926
Noch eh’ wir unsere Jugend recht begriffen,
Hatte die Zeit sie schon zu Staub zermahlen.
Im gleichen Mühlgang unter dumpfen Qualen
Ward unser Herz zu blindem Stahl geschliffen.
Wir lernten weinen lange vor dem Lachen,
Wir waren Zahlen, eh’ wir Namen hatten.
Mit Gleichmut sahen wir die Schatten
Zu Herrn sich über uns’re Augen machen.
Zwar hatten wir die Schwelle schon betreten
Als Toren noch und unbewußt;
Der Hohn jedoch gebar nur Lust,
Wir wurden’s leid, zu lieben und zu beten.
Dem Ohr entwöhnte jeder weiche Laut.
Wir hatten keine Mütter, die uns lehrten,
Die eignen Freunde war’n des Leids Gefährten,
Und nur der Tod war lieb uns und vertraut.
Ist’s auch der Tod nicht mehr, der einst gewesen,
Der doch die Seinen sanft umhüllte;
Wen er von uns bespie und überbrüllte,
Schloß schmal die Lippen, weil er auserlesen.
Nur manchmal schwingt in uns ein Wissen
Um Blüten, Mädchenhaare, Wiegenlieder.
Wir denken an den Morgen, lachen wieder —
Und sind für Tage aus dem Staub gerissen.“
(Quelle: Bähr/Meyer/Orthbandt, Kriegsbriefe gefallener Studenten 1939 – 1945, S. 452).
Andreas Bergmann, geb. am 11.04.1926 in Braunschweig, fiel dort am 11.04.1945, dem Tag seines 19. Geburtstags.
(Titelfoto: Deutscher Soldatenfriedhof Sandweiler/Luxemburg,
September 2024)
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