Episoden des Krieges: Auge um Auge (Veröffentlicht am 17.04.2023)
Viele US-Soldaten, die an den Kämpfen im Hürtgenwald teilgenommen haben, haben ihre Erlebnisse in Buchform veröffentlicht bzw. in entsprechenden Sammlungen veröffentlichen lassen. Ihre Schilderungen bieten oftmals einen ungefilterten Blick in den Horror des dort Erlebten und sind Beleg für die Perversitäten, die Menschen einander unter Kriegsbedingungen anzutun in der Lage sind.
Ein anschauliches Beispiel ist ein Bericht von John F. Forsell, K-Kompanie des 110. Infanterieregiments der 28. US-Infanteriedivision, der folgende Episode aus dem November 1944 beschreibt (aus Chernitsky, Voices from the Foxholes – Men of the 110th Infantry relate personal accounts of what they experienced during World War II, S. 62 f.; Übersetzung aus der englischen Sprache):
„Nach den Hedgerows in Frankreich war die 28. Division die erste Division, die Deutschland betrat. Am 2. November erhielt die Division den Befehl, den Hürtgenwald zu sichern. Der Hürtgenwald war die schlimmste Tortur, die ich während meiner Dienstzeit erlebte. Die Zahl der verlorenen Männer ist unvorstellbar. Wenn ich morgens die Schützenlöcher kontrollierte, wurde die Liste der Gefallenen immer länger. Das kalte Wetter und der Schnee waren keine Hilfe. Wenn man die Löcher überprüfte, waren einige der Männer steif vor Kälte, andere waren tot. Der ständige Beschuss mit Granaten, die Baumkrepierer verursachten, machte uns das Leben sehr schwer. Ich erinnere mich an eine Nacht, in der wir zwei neue Leutnants als Ersatz erhielten. Der Kommandant schickte sie zu mir, und ich war hocherfreut, denn zum ersten Mal seit Monaten träumte ich davon, etwas Ruhe und Schlaf zu bekommen. Ich sagte ihnen, dass sie die ganze Nacht wach sein würden. Ich schickte sie zurück ins Messezelt, um etwas zu essen und zu trinken. Etwa eine Viertelstunde später schlug eine Granate über dem Messezelt ein. Ich konnte es nicht glauben. Beide Leutnants wurden getroffen, der eine an der Schulter, der andere am Unterarm verwundet. Natürlich wurden sie sofort zurückgeschickt, und damit war meine Nachtruhe vorbei.
Wie Sie vielleicht wissen, sind die Ortschaften in diesem Teil Deutschlands sehr religiös (meist katholisch) und im Zentrum der Städte findet man Darstellungen der Kreuzigung (Jesu) und mehrere Statuen mit Kreuzen. Unsere Patrouille führte uns in das Dorf Schmidt, wo wir täglich tagsüber die Häuser usw. kontrollierten. Wir wussten auch, dass die Deutschen nachts im gleichen Dorf patrouillierten. Eines Morgens kam unsere Patrouille in das Dorf und fand einen GI, der am Kreuz erhängt worden war (wir haben ihn abgeschnitten). Wir blieben im Dorf und versteckten uns in ein paar Häusern, um auf die Deutschen zu warten. Die deutsche Patrouille kam, wir hatten ein Feuergefecht, sie wurden überrascht. Ein paar von der Patrouille konnten entkommen, aber wir nahmen drei Deutsche fest und erhängten sie an den drei Kreuzen. Das war das Ende dieser kleinen Fanfare für beide Seiten in diesem Dorf.“
(Titelfoto: Das zerstörte Schmidt,
aus: Lightning – The History of the 78th Infantry Division, S. 108)
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