„Moderne Gedenkkultur“ im Kreis Düren: Der „Beauftragte für die Betreuung der Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen als Orte einer demokratischen Erinnerungskultur“ (Veröffentlicht am 16.11.2022)
I. Die Auseinandersetzung um das „richtige“ Kriegsgedenken im Hürtgenwald und ihre Auswirkungen auf die Recherchen zu Julius Erasmus
Regelmäßige Leser dieses Blogs werden sich daran erinnern, dass ich am Anfang meiner Recherchen zu Julius Erasmus Kontakt mit dem Landrat des Kreises Düren, Wolfgang Spelthahn, aufgenommen und ihn um Unterstützung gebeten hatte. Dies hatte er seinerzeit in herablassendem Ton abgelehnt und mich auf das Stadt- und Kreisarchiv Düren verwiesen. Außerdem bot er an, Kontakt zum „Beauftragten für die Betreuung der Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen als Orte einer demokratischen Erinnerungs- und Gedenkkultur“, Frank Möller, herzustellen, der sich bereit erklärt habe, mir für Fragen zu Julius Erasmus zur Verfügung zu stehen. Welche Kompetenz Herr Möller haben soll, Fragen zu Julius Erasmus zu beantworten, war von Anfang an nicht verständlich. Die fachlichen Qualifikationen des Herrn, der sich auf seiner Website u. a. als „Historiker“ und „Publizist“ bezeichnet, sind bis zum heutigen Tag unbelegt.
Zum Zeitpunkt meines Schreibens an Landrat Spelthahn dauerten meine Recherchen bereits seit längerer Zeit an. Während mehrerer Gespräche, die ich mit verschiedenen fachkundigen Personen geführt hatte, war immer wieder kritisch auf Herrn Möller und dessen Betätigung vor Ort hingewiesen worden, die als einseitig und engstirnig empfunden wurde. Dies selbst von Menschen, die durchaus bereit sind, bestimmte historisch überkommene Erzählungen auf Faktenbasis kritisch zu hinterfragen. Bei einem Blick auf die öffentlich zugängliche Arbeit des Herrn Möller entstand mir schnell der Eindruck eines wenig toleranten Egozentrikers, der die Menschen unter dem Deckmäntelchen der sog. „Gedenkkultur“ aufgrund gewagt bis fragwürdig anzumutender Thesen darüber zu belehren versucht, auf welche Art und Weise sie den Kriegsereignissen zu gedenken haben und auf welche nicht.
Herrn Möller gegenüber stehen im Hürtgenwald, namentlich im dortigen Geschichtsverein, zumindest nach meiner bisherigen Wahrnehmung und Erfahrung, ebenso wenig tolerante Verfechter des althergebrachten, zum Teil von ihnen selbst produzierten Narrativs aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, die einer faktenorientierten Auseinandersetzung hierüber möglichst auszuweichen versuchen.
II. Die Angaben des Kreises Düren zu den Gründen der Schaffung der Position des „Beauftragten“ und zu ihrer Besetzung
Dass die fachliche Eignung des Herrn Möller zweifelhaft und die von ihm benutzten Methoden mitunter wenig seriös sind, ist inzwischen durch dessen am 28.01.2021 in der Dürener Zeitung veröffentlichte Thesen zu Julius Erasmus, die sich als fragwürdiger Versuch erwiesen hatten, die bestehende Erzählung zu diesem in eine Herrn Möllers Vorstellungen eher entsprechende umzudeuten, anschaulich belegt worden. Der Umstand, dass der Kreis Düren nachfolgend hastig versuchte, sich von dessen fragwürdigen Behauptungen über Julius Erasmus zu distanzieren, spricht für sich.
Nicht zuletzt deshalb stellt sich die Frage, weshalb der Kreis Düren unter Landrat Spelthahn eine stark polarisierende Person wie Herrn Möller in eine öffentliche Funktion berufen hat, die eigentlich nach jemandem verlangt, der einerseits mit der Situation vor Ort vertraut ist und über fundierte Kenntnisse der dortigen Geschichte verfügt, aber anderseits auch auf Ausgleich bedacht und zur Moderation widerstreitender Ansichten fähig ist.
Ich bat den Kreis Düren daher seit Anfang 2021 wiederholt aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen („IFG NRW“) um Informationen zu den Umständen der Schaffung der Funktion des „Beauftragten für die Betreuung der Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen als Orten einer demokratischen Erinnerungskultur“ (nachfolgend kurz „Beauftragter“).
1. Die erbetenen Informationen und die Antwort des Kreises Düren
Zunächst bat ich insoweit im Frühjahr 2021 um Zugang zu allen amtlichen Informationen zu folgenden Fragen:
„1. Des Gremiums, das über die Bestellung des Herrn Möller als Beauftragter Beschluss gefasst hat, wann dies geschehen ist und mit welcher Mehrheit entschieden wurde;
2. Die der Bestellung des Beauftragten zugrundeliegende Rechtsgrundlage;
3. Die genauen Aufgaben des Beauftragten und die Qualifikationen, welche Herrn Möller zur Erfüllung derselben befähigen;
4. Welche anderen Kandidaten neben Herrn Möller es für die Position des Beauftragten gab und aufgrund welcher Umstände die Wahl auf Herrn Möller fiel;
5. Die Herrn Möller für seine Tätigkeit als Beauftragter erbrachte/n Gegenleistung/en und ggf. deren Höhe.“
Der Kreis Düren teilte hierauf zunächst mit formlosem Schreiben vom 25.02.2021 mit:
„in den letzten Jahren musste der Kreis Düren verstärkt feststellen, dass die vom Kreistag erlassene ‚Friedhofsordnung‘ für die Kriegsgräberstätten in Vossenack und Hürtgen vom 23.06.2008 nicht eingehalten wird. Beispielsweise erfolgten Kranzniederlegungen und Ablagen von Zeichen und Symbolen mit rechtsextremem Hintergrund. Der zuständige Friedhofswärter ist hier auf Unterstützung angewiesen, insbesondere wenn es um die Deutung und Entfernung von abgelegten Kränzen und Symbolen geht, die rechtsextreme Botschaften aussenden bzw. von rechtsgerichteten Gruppen stammen.“
In diesem Schreiben findet sich auch der einleitend erwähnte Versuch der Distanzierung des Kreises Düren von den zuletzt geäußerten zweifelhaften Thesen des Herrn Möller über Julius Erasmus:
„Herr Frank Möller ist im Interview ‚Das ist Geschichtsfälschung‘ vom 28. Januar 2021 in der Dürener Zeitung/den Dürener Nachrichten als Privatperson aufgetreten, nicht aber als Beauftragter für die Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen des Kreis Düren. Die im Interview genannten Informationen und Zitate lagen dem Kreis Düren nicht vor.“
In dem nachfolgend erlassenen Bescheid vom 21.04.2021 beantwortete der Kreis Düren die ihm gestellten fünf Fragen wie folgt:
„Punkt 1: ‚Gremium, das über die Bestellung des Herrn Möller als Beauftragter Beschluss gefasst hat, wann dies geschehen ist und mit welcher Mehrheit entschieden wurde‘
In der 43. Sitzung des Kreisausschusses am 23.06.2020 fasste der Kreisausschuss einstimmig den Beschluss, Herrn Frank Möller bis auf Widerruf zum Beauftragten für die Betreuung der Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen als Orte der demokratischen Erinnerungs- und Gedenkkultur zu berufen. Seine Berufung erfolgte im Anschluss.
Punkt 2: ‚Die der Bestellung des Beauftragten zugrunde liegende Rechtsgrundlage‘
Der Kreis ist im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung berechtigt, auch Tätigkeiten auf ehrenamtlich Tätige zu übertragen. Die Bestellung des Herrn Möller erfolgte insofern auf Vorschlag der Verwaltung. Mit der öffentlichen Vorlage zur Drs.Nr. 200/20 schlug die Verwaltung dem Kreisausschuss vor, eine Unterstützung des Friedhofswärters unter Zuhilfenahme eines Beauftragten zu leisten.
Punkt 3: ‚Die genauen Aufgaben des Beauftragten und die Qualifikationen, welche Herrn Möller zur Erfüllung derselben befähigen‘
In seiner Funktion als Beauftragter unterstützt Herr Möller den Kreis Düren bei Kontrolltätigkeiten auf den Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen. Darüber hinaus ist er beratend im Rahmen der mit den Grabstätten verbundenen Erinnerungs- und Gedenkkultur tätig. Herr Möller ist Historiker, Publizist und Fachmann für Erinnerungskultur und Gegenwartsdeutung. Er führt regelmäßig Exkursionen auf den Kriegsgräberstätten in Vossenack und Hürtgen durch und stand bereits in der Vergangenheit dem Kreis Düren beratend zur Seite.
Punkt 4: ‚Welche anderen Kandidaten neben Herrn Möller es für die Position des Beauftragten gab und aufgrund welcher Umstände die Wahl auf Herrn Möller fiel‘
Neben Herrn Möller gab es keine anderen Personen, die für die Position des Beauftragten in Betracht gezogen wurden.
Punkt 5: ‚Die Herrn Möller für seine Tätigkeit als Beauftragter erbrachte/n Gegenleistung/en und ggf. deren Höhe‘
Herr Möller nimmt seine Tätigkeit als Beauftragter ehrenamtlich wahr. Er erhält eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 150,00 € monatlich.
Weitere Informationen zu den von Ihnen gestellten Fragen liegen hier nicht vor.“
Hierzu lässt sich zunächst Folgendes festhalten:
Der Kreis Düren konnte bislang eine Rechtsgrundlage, auf die er die Bestellung eines Beauftragten stützt, bereits nicht benennen. Die Aussage, dessen Bestellung sei „auf Vorschlag der Verwaltung“ erfolgt, ist keine Rechtsgrundlage, sondern setzt eine solche voraus. In einem Rechtsstaat ist das Vorhandensein einer solchen Rechtsgrundlage elementare Grundvoraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines jeden staatlichen Handelns. Dass der Kreis Düren eine Rechtsgrundlage bislang nicht zu benennen vermag, spricht bereits für sich.
Neben Herrn Möller gab es keine weiteren Kandidaten für die Position des Beauftragten. Weshalb eigentlich? Gibt es, z. B. im Kreis Düren, wirklich keine sonstigen als geeignet empfundenen Kandidaten?
2. Die vom Kreis Düren nachträglich zugänglich gemachten Dokumente
Nachdem die erteilten Auskünfte ersichtlich unvollständig waren, schloss sich ein gerichtliches Verfahren an. Dort legte man schließlich zumindest einen internen Vermerk des Herrn Karl-Josef Mainz, Amtsleiter der Abteilung Zentrales Gebäudemanagement beim Kreis Düren, vom 07.04.2020 über die Schaffung der Position des Beauftragten, den Beschluss vom 23.06.2020 über die Berufung des Herrn Möller in diese sowie das Bestellungsschreiben vom 01.07.2020 vor. Deren Inhalte sind sehr aufschlussreich.
a) Vermerk „Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen; Beauftragter für Kriegsgräberpflege“ des Herrn Karl-Josef Mainz vom 07.04.2020
In dem Vermerk des Herrn Mainz vom 07.04.2020 mit dem Titel „Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen; Beauftragter für Kriegsgräberpflege“ wird näher erläutert, weshalb es angeblich der Bestellung eines entsprechenden „Beauftragten“ bedarf und weshalb man Herrn Möller hierfür als qualifiziert ansieht. Es wird darin u. a. erklärt (Hervorhebungen diesseits, sprachliche Defizite im Original):
„Die im Eigentum des Kreises Düren befindlichen Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen sind Orte der Erinnerung, des Gedenkens und des Lernens. Das Verhalten auf den Kriegsgräberstätten soll entsprechend der dort Ruhenden angepasst sein. Aus diesem Grund wurde eine sog. ‚Friedhofsordnung‘ durch den Kreistag beschlossen.
Die Friedhofsordnung wird insbesondere in Vossenack oftmals nicht eingehalten. Es erfolgen u.a. Kranzniederlegungen und das Ablegen von Symbolen und Zeichen mit rechtsextremen Hintergrund. Die Kriegsgräberstätten müssen auch am Wochenende regelmäßig kontrolliert werden.
Der in Hürtgen an der Kriegsgräberstätte wohnende Friedhofswärter ist hier auf Unterstützung angewiesen, insbesondere auch wenn es um die Deutungshoheit von abgelegten Kränzen oder Gebinden geht, die zu entfernen sind.
Der in Köln lebende Historiker und Publizist Frank Möller führt regelmäßige Exkursionen auf den Kriegsgräberstätten durch und hat sich als Fachmann für Erinnerungskultur und Gegenwartsdeutung einen Namen gemacht. Herr Möller hat sich auf ehrenamtlicher Basis bereit erklärt, den Kreis Düren bei den o.g. Kontrollvorgänge auf den Kriegsgräberstätten zu unterstützen und u.a. abgelegte Kränze und Gebinde zu entfernen. Er kümmert sich somit den Erhalt und die Pflege der Gräber.
Damit Herr Möller eine Handhabe im Sinne der Friedhofsordnung erhält, soll er für den Kreis Düren zum ‚Beauftragten für Kriegsgräberpflege‘ ernannt werden. Für die ehrenamtliche Tätigkeit als ‚Beauftragter für Kriegsgräberpflege‘ soll eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 68,85 Euro gezahlt werden.“
Es fällt also zunächst auf, dass es demnach vom Kreis Düren ursprünglich als Aufgabe von Herrn Möller angesehen wurde, sich um den Erhalt und die Pflege der auf den Soldatenfriedhöfen Vossenack und Hürtgen befindlichen Gräber zu kümmern. Weiterhin fällt auf, dass die Funktionsbezeichnung ursprünglich „Beauftragter für Kriegsgräberpflege“ lauten sollte, für deren Ausübung eine monatliche Aufwandsentschädigung von EUR 68,85 gezahlt werden sollte.
Unter dem Vermerk findet sich die offenbar von Landrat Spelthahn („WS“) stammende Anmerkung „Sehr guter Vorschlag“.
b) Öffentliche Vorlage zur Drs.Nr. 200/20
Vor diesem Hintergrund ist interessant, wie sich die öffentliche Vorlage zur Drucksache 200/20 vom 15.06.2020, auf deren Grundlage nachfolgend im Kreisausschuss über die Bestellung des Herrn Möller als „Beauftragter“ abgestimmt wurde, inhaltlich von dem besagten Mainz-Vermerk unterscheidet.
In dieser Vorlage lautet die Funktionsbezeichnung nicht mehr „Beauftragter für Kriegsgräberpflege“, sondern „Beauftragter für die Betreuung der Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen als Orte einer demokratischen Erinnerungs- und Gedenkkultur“.
Auch wurde die monatliche Aufwandsentschädigung plötzlich von zunächst EUR 68,85 auf EUR 150,00 mehr als verdoppelt.
c) Einstimmige Annahme der Vorlage durch den Kreisausschuss in der Sitzung am 23.06.2020
Über die Vorlage hat der Kreisausschuss in seiner 43. Sitzung am 23.06.2020 unter Ziffer 22 der Tagesordnung abgestimmt und diese einstimmig angenommen. Die Tagesordnung und die mitwirkenden Personen sind aus der Sitzungsniederschrift ersichtlich. Alle entsprechenden Informationen sind auch im Ratsinfosystem des Kreises Düren abrufbar.
Landrat Spelthahn setzte Herrn Möller mit Schreiben vom 01.07.2020 in seine Funktion als „Beauftragter“ ein.
III. Häufige Verstöße gegen die Friedhofsordnung, insbesondere in Vossenack?
Nachdem der Kreis Düren u. a. in der öffentlichen Vorlage zur Drs.Nr. 200/20 erklärt hatte, Grund für die Notwendigkeit der Bestellung eines „Beauftragten“ sei, dass die Friedhofsordnung „insbesondere in Vossenack oftmals nicht eingehalten“ werde und „u.a. Kranzniederlegungen und das Ablegen von Symbolen und Zeichen mit rechtsextremen Hintergrund“ erfolgten, erbat ich von ihm aufgrund des IFG NRW konkrete Zahlen zum Umfang dieses nach eigenen Angaben häufig auftretenden Problems.
Es stellte sich heraus, dass dem Kreis Düren für den Zeitraum von 2016 bis 2021 ganze drei Fälle entsprechender „Kranzniederlegungen“ und ein Fall der „Ablage von Symbolen und Zeichen“ bekannt sind, die man als rechtsextrem motiviert ansieht (vgl. den Bescheid des Kreises Düren vom 21.02.2022).
Für die Zeit vor 2016, also für den gesamten Zeitraum von der Eröffnung des Soldatenfriedhofs in Vossenack am 31.08.1952 bis zum 31.12.2015 teilte der Kreis Düren mit, Kenntnis von einem Fall einer entsprechenden „Kranzniederlegung“ und von zwei Fällen der „Ablage von Symbolen und Zeichen“ zu haben, die man als rechtsextrem motiviert ansieht (vgl. den Bescheid des Kreises Düren vom 07.06.2022). Bemerkenswerterweise wurde hierzu ergänzend angemerkt „Eine abschließende Bewertung bezüglich des rechtsextremen Hintergrundes ist mir dabei nicht in allen Fällen zweifelsfrei möglich“, also hegt man beim Kreis Düren offenbar selbst Zweifel an der rechtsextremen Natur aller mitgeteilten Fälle.
Dabei ist von vornherein zu berücksichtigen, dass es eine Friedhofsordnung („Friedhofsordnung für die Ehrenfriedhöfe Hürtgen und Vossenack vom 23.06.2008“) erst seit dem 01.07.2008 gibt, so dass „Verstöße gegen die Friedhofsordnung“ naturgemäß erst seit diesem Zeitpunkt überhaupt möglich sind. Selbst wenn man darüber hinwegsieht, hat der Kreis Düren für die gesamte Zeit seit Eröffnung des Soldatenfriedhofs in Vossenack am 31.08.1952 bis zum 07.06.2022, dem Datum des letzten Auskunftsbescheides, Kenntnis von vier Fällen von Kranzniederlegungen und drei Fällen der Ablage von Symbolen und Zeichen, also von insgesamt sieben Fällen in annähernd 70 Jahren, die man als rechtsextrem motiviert ansieht. Im Schnitt demnach ein Fall pro Jahrzehnt.
Erfordern diese Zahlen wirklich die Einsetzung eines „Beauftragten“ durch den Kreis Düren? Rechtfertigen sie die dafür maßgebliche Behauptung des Kreises Düren, die Friedhofsordnung werde „insbesondere in Vossenack oftmals nicht eingehalten“?
IV. Strafanzeigen hinsichtlich der dem Kreis Düren bekannten als rechtsextrem angesehenen Fälle?
Ergänzend erbat ich vom Kreis Düren aufgrund des IFG NRW Kopien der Strafanzeigen sowie der zugehörigen Abschlussverfügungen der Staatsanwaltschaft, die er zu den besagten sieben von ihm als rechtsextrem motiviert erachteten Vorgängen erstattet hat; alternativ bat ich um Mitteilung der Gründe für das Absehen von einer Strafanzeige.
Nach eigenen Angaben hat der Kreis Düren überhaupt nur einen einzigen der besagen sieben als rechtsextrem angesehenen Vorgänge zur Anzeige gebracht. Dies nicht einmal wegen der verwendeten Symbole, sondern wegen Bedrohung des damaligen Friedhofswärters. Strafanzeige sei damals „nur bei Sachbeschädigung oder bei Bedrohung des Friedhofspersonals“ erstattet worden (vgl. den Bescheid des Kreises Düren vom 26.08.2022).
Zusammengefasst: In rund 70 Jahren hat der Kreis Düren keinen einzigen Fall einer Ablage als rechtsextrem angesehener Symbole auf dem Soldatenfriedhof in Vossenack zur Anzeige gebracht. Neben dem eher marginal anmutenden Umfang der bekannt gewordenen Fälle spricht auch aus diesem Umstand nicht unbedingt die Annahme einer besonderen Dringlichkeit des angeblich doch so häufig auftretenden Problems seitens des Kreises Düren.
V. Diskrepanzen bei der Funktionsbezeichnung und Vergütung des „Beauftragten“
Im Hinblick auf die vorstehend erwähnten Unterschiede in der Funktionsbezeichnung sowie die von ursprünglich EUR 68,85 auf EUR 150,00 mehr als verdoppelte monatliche Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit als „Beauftragter“ bat ich den Kreis Düren aufgrund des IFG NRW um Auskunft zu folgenden Fragen:
„1. Aus welchem Grund wurde die ursprünglich vorgesehene Aufwandsentschädigung von EUR 68,85 nachfolgend auf EUR 150,00 erhöht?
2. Auf welcher Rechtsgrundlage beruhen a) die Leistung der Aufwandsentschädigung nach Ziffer 1. und b) deren Höhe?
3. Aus welchem Grund wurde die ursprünglich vorgesehene Bezeichnung ‚Beauftragter für Kriegsgräberpflege‘ geändert in ‚Beauftragter für die Betreuung der Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen als Orten einer demokratischen Erinnerungs- und Gedenkkultur‘?
4. Auf wessen Veranlassung erfolgte die Änderung der Bezeichnung nach Ziffer 3.?“
Der Kreis Düren lehnte den Antrag pauschal ab, Angaben zu allen Fragen seien – aus unbekannten Gründen – „nicht Gegenstand des IFG NRW“ (vgl. den Bescheid des Kreises Düren vom 25.04.2022).
VI. Bewertung
Es wird deutlich, dass die vom Kreis Düren unter Landrat Spelthahn behauptete Notwendigkeit für die Schaffung der Funktion eines „Beauftragen“ wegen angeblich häufiger Verstöße gegen die Friedhofsordnung tatsächlich kaum zu rechtfertigen ist. Jedenfalls sind die mitgeteilten sieben Fälle in rund 70 Jahren schwerlich Ausdruck eines besonders dringlichen Problems.
Was ist also der wahre Grund für die Schaffung der Funktion des „Beauftragten“?
Wieso war Herr Möller offenbar für den Kreis Düren der einzige hierfür in Frage kommende Kandidat, obwohl seine Eignung für diese Position aus mehreren Gründen fragwürdig erscheint?
Weshalb und auf wessen Veranlassung wurde die vom Kreis Düren unter Landrat Spelthahn ursprünglich vorgesehene Funktionsbezeichnung geändert von „Beauftragter für Kriegsgräberpflege“ in das technokratische Wortungetüm „Beauftragter für die Betreuung der Kriegsgräberstätten Vossenack und Hürtgen als Orten einer demokratischen Erinnerungs- und Gedenkkultur“? Allein der hierin zum Ausdruck kommende offensichtliche Unwille, die Funktion des „Beauftragten“ mit der Pflege von Kriegsgräbern auch nur terminologisch in Verbindung zu bringen, spricht eine deutliche Sprache und wirft einmal mehr die Frage auf, worum es hier eigentlich geht und worin das Interesse des Kreises Düren besteht, eine solche, sachlich unnötige Funktion zu schaffen und offenbar unbedingt Herrn Möller in diese einzusetzen. Soll dessen fragwürdigen Thesen so in der Öffentlichkeit vielleicht der Eindruck gesteigerter Legitimität verschafft werden?
Es ist müßig, sich an Herrn Möller abzuarbeiten, dessen Worte und Taten sprechen für sich. Die Verantwortung für diese Personalie tragen die Protagonisten beim Kreis Düren, allen voran Landrat Spelthahn. Bislang konnte bzw. wollte der Kreis Düren weder für die Schaffung der Funktion des „Beauftragten“, noch für dessen Vergütung und Vergütungshöhe eine Rechtsgrundlage nennen. Auch eine fundierte personelle Auswahl des „Beauftragten“ ist offenbar nicht erfolgt.
Dies bedeutet, dass hier jemand im Umfang von (steuerfreien) EUR 1.800,00 im Jahr aus Staatsmitteln für eine Tätigkeit vergütet wird, für die der Kreis Düren selbst bislang weder eine sachliche Notwendigkeit zu begründen, noch eine Rechtsgrundlage zu nennen vermag. Dass der Kreis Düren die Erteilung inhaltlicher Auskünfte zur Bestellung des „Beauftragten“ wiederholt mit fragwürdiger Begründung verweigert hat, passt dabei nur zu gut ins Bild.
Die Verantwortlichen beim Kreis Düren werden sehr bald Antworten zu liefern haben.
(Titelfoto: Soldatenfriedhof Vossenack, November 2022)
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