Feldpostbriefe: Brief des 16-jährigen deutschen Soldaten Franz Krügner an seine Familie, 7. April 1945 (Veröffentlicht am 18.01.2023)
Feldpostbriefe und ihre Bedeutung für die heutige Zeit
Bei den Recherchen nach Julius Erasmus kommt man zwangsläufig mit Feldpostbriefen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs in Berührung. Seien es Mitteilungen über den Tod eines Soldaten, geschrieben von dessen Vorgesetztem an seine Angehörigen, die später Herrn Erasmus als Anhaltspunkt für eine Grabsuche übermittelt wurden oder andere Schriftwechsel zwischen im Krieg befindlichen Soldaten und ihren Familien zu Hause. Ich befasse mich seither auch näher mit Feldpostbriefen aus der damaligen Zeit.
Feldpostbriefe sind wertvolle Zeitdokumente, die gerade in Zeiten wie den gegenwärtigen ihre zeitlose Botschaft entfalten und einen anschaulichen Eindruck darüber vermitteln, was Krieg für alle Beteiligten bedeutet. Sie sind ein wertvolles Werkzeug, um schon den Anfängen eines erneuten Strebens nach Krieg zu wehren und vielleicht dazu beizutragen, dass sich Geschichte nicht einmal mehr und mit abermals grausigen Folgen für die Menschheit wiederholt. Derzeit wird wieder einmal mit aller Macht für den Krieg, Waffen und das Töten von Menschen in großem Maßstab getrommelt, obschon man jahrzehntelang die vage Hoffnung haben konnte, dass die Menschheit aus den schmerzhaften Erfahrungen insbesondere zweier Weltkriege ihre Lektion endlich einigermaßen gelernt hat. Es scheint leider abermals nicht der Fall zu sein.
Vor diesem Hintergrund sollen hier in der Rubrik „Feldpostbriefe“ von Zeit zu Zeit entsprechende Briefe oder Briefauszüge aus unterschiedlichen Quellen veröffentlicht werden, um mit Nachdruck daran zu erinnern, was Krieg für die Menschen und die Menschheit bedeutet. Um einen Denkanstoß zu liefern und in der unerschütterlichen Hoffnung, dass dies einen Unterschied machen möge.
Brief des 16-jährigen deutschen Soldaten Franz Krügner an seine Familie aus Prag-Rusin vom 7. April 1945
(Quelle: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Letzte Lebenszeichen II – Briefe aus dem Krieg, S. 102 f.):
„Meine lieben Eltern und Geschwister!
Die besten und letzten Grüße von Rusin sendet Euch Euer Sohn und Bruder Franz. Wie ich Euch schon geschrieben habe, liegen wir in Alarmbereitschaft. Aber haben plötzlich Marschbefehl bekommen und kommen Montag oder Dienstag weg von hier an die Front. Haben eben Pech gehabt, dass Ihr mich nicht mehr besuchen konntet. Höchstens, wenn Ihr den Brief rechtzeitig bekommt, dass Papa und Mama sofort nach Rusin in die Kaserne kommen.
Die Zivilsachen wollte ich unter allen Umständen nach Hause schicken, aber es ist unmöglich. Wenn Ihr doch nimmer kommen könnt, muss ich sie halt ungern um Essen und Geld verkaufen. Nur die Schuhe und das HJ-Hemd kann ich mitnehmen. Es tut mir sehr leid, aber ich kann es nicht mit an die Front nehmen. Aber die Hauptsache ist, dass wir den Krieg gewinnen, und dass ich vor allen Dingen wieder ‚gesund‘ nach Hause komme. Aber jede Kugel trifft ja nicht, jetzt heißt es eben Soldatenglück haben und die Zähne zusammenbeißen. Und sollte ich das Glück nicht haben, dass ich nicht mehr in die Heimat zurückkehre, dann verzagt nicht und tröstet Euch mit den anderen. Aber, liebe Eltern und Geschwister, wir vertrauen doch alle zu Gott, denn der Allmächtige wird es schon lenken.
Meinem lieben kleinen Horstl wünsche ich viel Glück zum ersten Schuleintritt. Und Liesl viel Glück für die Zukunft.
Drum, liebe Eltern und Geschwister,
seid tausendmal gegrüßt von
Eurem Bruder und Sohn Franz.“
Grenadier Franz Krügner, geboren am 6. Dezember 1928 in Voitsdorf im Erzgebirge, wurde im Januar 1945 mit 16 Jahren zum Reichsarbeitsdienst einberufen und zwei Monate später von der Wehrmacht übernommen. Er wurde ab 8. April 1945 als Soldat eingesetzt und verstarb am 13. Mai 1945 um 8.35 Uhr im Feldlazarett an den Folgen schwerer Granatsplitterverletzungen am Kopf und an der rechten Hand.
Franz Krügner ruht heute auf der Kriegsgräberstätte in Linz-St. Martin (Österreich).
(Titelfoto: Ehrenfriedhof Bad Bodendorf, September 2021)
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